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1. Wie wir überhaupt dazu kamen.

Kennen Sie Altwiedermus? Es liegt idyllisch am Fuße der Ronneburg, ist Ortsteil der gleichnamigen Gemeinde und ein typisch hessisches Straßendorf. Die beiden Hauptverkehrsstraßen werden wie eh und je von aneinandergebauten Hofreiten gesäumt. Hier und da steht an Stelle der alten Gebäude mal ein Neubau, aber die meisten Hofreiten präsentieren sich noch im alten Fachwerkstil, mehr oder weniger geschickt renoviert! Bei den meisten Häusern wurde jahrelang umgebaut, angebaut, große Fenster gebrochen, Balkenunterzüge durch Stahlträger ersetzt usw. Als ideal galt eben ein möglichst  neubauartiges Aussehen und so ist viel schöne alte Bausubstanz verloren gegangen.

Was aber nicht  angetastet und „verschönert“ wurde, das war das zu unserem Grundstück gehörende sogenannte „Klinge-Haus“. Vor Jahren bei einer Grundstückserweiterung als notwendiges Anhängsel auf Abbruch mitgekauft, war es erst billig vermietet und stand dann lange leer. So verfiel es still und leise vor sich hin und stellte zweifellos den absoluten Schandfleck  von Altwiedermus dar. Mehrfach war es nahe daran, abgerissen zu werden, nur rein zufällig, aus Zeitmangel, entging es diesem Schicksal.

Eines schönen Tages im Sommer 1981 ergriff die Gemeindeverwaltung Ronneburg die Initiative! Sie fragte bei uns an, ob wir das Haus nicht wenigstens von außen etwas instand setzen wollten, es gäbe da die Möglichkeit einer Zuschußgewährung aus Mitteln des Dorferneuerungsprogramms. Mein Mann wehrte sich mit Händen und Füßen, wollte absolut nichts davon wissen und sprach wieder einmal vom Abreißen, aber wir anderen waren doch nachdenklich geworden. Die Renaissance der Fachwerkhäuser hatten gerade begonnen und wir fingen an, unser altes „Klinge-Haus“ mit anderen Augen zu sehen. Nach einigen Besuchen von Mitarbeitern der Denkmalschutzbehörde waren wir, das heißt,  Sohn und Schwiegertochter und ich, von der Erhaltenswürdigkeit des Hauses überzeugt, so daß wir beschlossen, unseren Vater gezielt zu beeinflussen, damit er wenigstens einmal einen Antrag einreicht. Die Kosten der Außenrenovierung hatten wir überschläglich mit ca. 65.000,-- DM ermittelt. Der Antrag wurde schließlich im April 1982 gestellt, und siehe da: Schon im Juli wurde ein Zuschuß von 25.000,-- DM bewilligt. Die Sache wurde also ernst, aber noch waren wir nicht entschlossen.

Zuerst mußte eine Bestandsaufnahme gemacht, eine fachmännische Sichtung und Begutachtung der Bausubstanz durchgeführt werden. Das war kein allzu großes Problem, denn unser Sohn hat als Geschäftsführer unseres Schreinereibetriebes auch öfters mit Altbausanierungen zu tun. Aus dieser Tätigkeit war ihm Architekt Gerstner aus Bruchköbel als Spezialist für dieses Gebiet gut bekannt, und so war es naheliegend, ihn zu Rate zu ziehen. Architekt Gerstner kam also und als erstes riet er, Nägel mit Köpfen zu machen. Das heißt, nicht nur die Außenfassade, sondern auch innen zu renovieren und das Haus dann auch zu nutzen. Soweit, so gut, aber – was kostet das? Architekt Gerstner wiegte nachdenklich den Kopf. 


Freigelegte Balken während der Begutachtung

Dann sah er sich alles gründlich an, klopfte hier und da, Balken wurden freigelegt,
Expeditionen auf den Dachboden unternommen. Wichtigste Ergebnisse dieser ersten Begehung: im Erdgeschoß hatte sich der Schwamm breitgemacht und das Dachgebälk ist sehr schlecht, sonst scheint noch alles einigermaßen in Ordnung zu sein. Erste vorsichtige Kostenschätzung unter Berücksichtigung angemessener Eigenleistung: Ca 200.000,-- DM! Was tun? Wir zögerten und bedachten das Für und Wider. Das heißt, der Junior und ich taten das. Unser Vater erklärte uns schlicht und einfach für verrückt und lehnte für sich jedes Engagement in dieser Sache energisch und ein für allemal ab. Schließlich erklärte er unserem Sohn, er wolle ihm die Ruine gerne schenken. Wenn er sich unglücklich machen wolle, dann solle er das gefälligst alleine tun! Nur kurz überlegte der Junior, dann erklärte er sich prompt einverstanden. Und das war der Beginn eines großen Abenteuers.

 

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